Auf dieser Seite entsteht mit der Zeit eine Sammlung an weiterführenden Informationen und Erklärungen zu Begriffen rund um das Gebiet der Psychotherapie. 

Die einzelnen Themen sind alphabetisch sortiert. Wenn Sie sich für einen Eintrag interessieren, klicken Sie einfach auf das Plus-Symbol, um die entsprechende Beschreibung anzeigen zu lassen.

Coda

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Das Wort Coda ist aus den Anfangsbuchstaben der vier englischen Wörter „children of deaf adults“ zusammengesetzt. 1:1 übersetzt bedeutet das „Kinder von gehörlosen Erwachsenen“. 

 

Kinder von gehörlosen Eltern sind nicht zwangsläufig selbst gehörlos, oftmals sind sie selbst hörend. In dem Fall werden die Kinder nicht selten als „Vermittler“ zwischen der Welt der Hörenden und der Welt der Gehörlosen benutzt. 

Gerade für Kinder in jungem Alter ist das eine herausfordernde Aufgabe, die mit hohen Erwartungshaltungen verbunden ist. Beispiele aus dem Alltag wären hier etwa die Teilnahme des Kindes beim Elternsprechtag in der Schule, um das gehörlose Elternteil zu vertreten bzw. für es zu „dolmetschen“. 

 

Durch diese Vermittlung zwischen Gehörlosen und Hörenden entwickeln viele Codas oft besondere Fähigkeiten. Da sie die Erlebnisse aus ihrer Kindheit abspeichern, sind sie häufig auch im Erwachsenenalter enorm lösungsorientiert, reflektiert und aufmerksam. Manche haben durch die frühen Erfahrungen Schwierigkeiten, sich abzugrenzen oder Selbstfürsorge zu betreiben. Somit gibt es auch Codas, die die gelernte Hilflosigkeit der Eltern übernehmen. Diese haben dann große Schwierigkeiten im Alltag, da ihnen geeignete Rollenbilder fehlen.

 

Üblicherweise wird in Coda-Familien die Gebärdensprache gesprochen. Je nach Herkunft handelt es sich dabei nicht zwangsläufig um die deutsche Gebärdensprache. 

In einigen Fällen kommt es auch vor, dass die Familien eine Art Haussprache entwickeln, die lediglich der Gebärdensprache angelehnt ist und wenig in die Tiefe geht. So lassen sich einfache Inhalte sagen, wie etwa „Ich habe Hunger“ oder „Wir haben einen Termin“. Tiefgründigere Gespräche hingegen, beispielsweise über Gefühle, können allerdings nicht verbalisiert werden.

Manchmal erlernen aber auch Codas (oder andere/weitere Familienangehörige) nie die Gebärdensprache. Dies kann verschiedene Gründe haben. Zum Beispiel, weil ein älteres Geschwisterkind als Mittler dient. 

 

Je nachdem, in welchem Kontext das Kind gehörloser Eltern aufwächst, nehmen Situation und Umfeld zum Teil massive Konsequenzen auf die kindliche Entwicklung und darauf aufbauend Einfluss auf das Heranwachsen. Das ist vor allem dann der Fall, wenn das Kind keinen Gesprächspartner hat, sich in der Familie nicht adäquat mitteilen kann und die Kommunikation zwischen Eltern und Kind aufgrund sprachlicher Barrieren insgesamt eingeschränkt oder gar nicht möglich ist.

 

In jedem Falle unterscheidet sich die kindliche Entwicklung innerhalb Coda-Familien und bedarf in manchen Fällen besonderer Unterstützung.

 

In diesem Zusammenhang gründete Millie Brother – gleichzeitig Namensgeberin für den Begriff „Coda“ – die Coda-Organisation. Diese gemeinnützige Organisation beschäftigt sich damit, Kindern von Gehörlosen eine Anlaufstelle für Probleme im Alltag und alle möglichen Fragestellungen zu bieten. Dort können Codas, zum Teil das erste Mal, mit anderen Codas sprechen und ihre Erfahrungen teilen.

Gebärdensprache

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Gebärdensprache ist eine Sprachform, die visuell wahrgenommen (gesehen) werden kann. Meistens nutzen gehörlose oder schwerhörige Menschen die Gebärdensprache. Gebärdensprache erfolgt in Form von Gestiken (Hände), Mimik (Gesicht), der gesamten Körperhaltung und dem Mund. Der Mund formt dabei lautlos Wörter. 

Lautsprachbegleitende Gebärden

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Hierbei handelt es sich um eine Kombination von Gebärdensprache und Lautsprache. Eine Gebärde ist eine Geste oder bestimmte Körperhaltung. Bei lautsprach-begleitenden Gebärden wird jede Geste/Haltung in Verbindung mit einem festgelegten Wort der Lautsprache gesetzt. 

Lautsprache

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Im Gegensatz zur Gebärdensprache und lautsprach-begleitenden Gebärden ist die Lautsprache eine artikulierte Sprachform. Artikuliert bedeutet in dem Zusammenhang, dass alle Worte verbal ausgesprochen werden. Die Artikulation (Aussprache) erfolgt dabei durch die zugehörigen Organe: das sind hauptsächlich der Mund, die Zunge und der Kehlkopf.

Prüfungsangst

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Was ist Prüfungsangst?

In bestimmten Situationen Angst zu haben, ist völlig normal. Bei der Prüfungsangst bezieht sich die Angst auf eine ganz konkrete Situation, nämlich Prüfungen. Das können Prüfungen in der Schulzeit (Diktate, schriftliche oder mündliche Tests, Klassenarbeiten) und der Studienzeit (Präsentationen, Examen…) sein. Aber auch später, während der Arbeitszeit, kann es hin und wieder zu Gegebenheiten kommen, in denen wir „geprüft werden“.

Wie entsteht Prüfungsangst?

Bei der Prüfungsangst steht im Grunde die Angst vor dem Versagen im Vordergrund. Das bedeutet, der Betroffene fürchtet, besagte Prüfung nicht bestehen zu können. Manchmal sind auch schlechte Erfahrungen aus der Vergangenheit, zum Beispiel das Scheitern bei Klassenarbeiten bzw. wiederholt schlechte Noten der Grund für eine auch in der Zukunft anhaltende Prüfungsangst.

Wie äußert sich Prüfungsangst?

Aus der Angst vor dem Versagen heraus entsteht oft eine so starke Nervosität, welche die Situation noch weiter verschlimmert. Wie sich die Angst anfühlt und wann genau sie aufkommt, ist bei jedem Betroffenen unterschiedlich. Manche sind schon dann extrem angespannt, sobald sie wissen, dass eine Prüfung ansteht – sogar, wenn es Wochen im Voraus ist. Dieser Umstand führt manchmal sogar dazu, dass die Betroffenen sogar bereits in der Lernphase derart angespannt sind, dass sie sich nicht konzentrieren können. 

 

Die mit einer Prüfungsangst einhergehenden Symptome sind ebenso unterschiedlich. Besonders hinderlich wird es, wenn die Beschwerden den Betroffenen letztendlich wirklich vom Bestehen der Prüfung abhalten – Beispiel dafür wäre die „geistige Blockade“, die dafür sorgt, dass man eigentlich Gelerntes plötzlich vergisst. Hier noch ein paar weitere Beispiele, wie sich Prüfungsangst äußern kann:

  • Enorme Schwierigkeit, sich während einer Prüfung – oder bereits in der Lernphase - zu konzentrieren
  • Schlafstörungen oder Appetitlosigkeit vor anstehenden Prüfungen
  • Übermäßiges Schwitzen, Kopfschmerzen, Übelkeit, Herzrasen oder andere körperliche Symptome während bzw. vor einer Prüfung

Sozialängste

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Was ist eine Sozialangst?

Viele Menschen sind von Natur aus schüchtern, besonders im Umgang mit anderen Menschen. Wird eine normale Schüchternheit aber zu einem starken Angstgefühl, könnte es sich um eine Sozialangst handeln. 

 

Betroffene haben das Gefühl, dass andere Menschen sie beobachten. Das müssen nicht unbedingt nur Fremde sein – Bekannte oder Freunde gehören oft genauso dazu. Genauso sind Situationen, in denen eine Sozialangst auftritt, nicht zwangsläufig neu oder unerwartet für die Betroffenen.

 

Solche starken Angstgefühle schränken betroffene Personen im Alltag, oft auch im Beruf, ein. Viele versuchen, bestimmte Dinge – die die Angst auslösen - von vorneherein zu vermeiden, zum Beispiel dadurch, dass sie gar nicht erst in Kontakt mit anderen Menschen treten.  

Wie äußert sich eine Sozialangst?

Eine Sozialangst ist in der Regel am eigenen Körper spürbar. Die Symptome sind sehr individuell und äußern sich bei jedem Betroffenen anders. Hier einige Beispiele:

 

·       Schweißausbrüche

·       Innere Unruhe, starke Nervosität

·       Extreme Anspannung

·       Herzrasen

·       Zittern

·       Stottern

·       Übelkeit bis hin zu Durchfall

 

Handelt es sich um eine Sozialangst, hat der Betroffene meistens das Gefühl, dem Druck nicht standhalten zu können. 

Beispiele aus dem Alltag

Oft entstehen Sozialängste bei ganz alltäglichen Angelegenheiten, sowohl im privaten als auch beruflichem Bereich. Das sind nur ein paar von vielen Beispielen: 

 

·       Telefonieren

·       Prüfungen (Schule, Studium usw.)

·       Vor Anderen reden (z.B. Präsentationen halten)

·       Sich vorstellen, Begrüßungen, neue Menschen treffen

·       Fremde nach dem Weg oder der Uhrzeit fragen

·       In der Öffentlichkeit/unter den Augen Anderer essen

·       Mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren

·       An einer Kasse bezahlen, Artikel umtauschen

Zwänge

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Was sind Zwänge?

Zwang bedeutet im allgemeinen, dass man das dringende (innere) Verlangen hat, etwas zu tun – obwohl man es eigentlich gar nicht will. Auf dem Gebiet der Psychotherapie werden solche Zwänge auch als Zwangsstörungen bezeichnet. 

Betroffene leiden meistens unter ihren Zwängen, denn sie befinden sich in einer Art Widerspruch zu sich selbst: bestimmte Gedanken treiben sie dazu, etwas zu tun, während ihre Vernunft ihnen eigentlich davon abrät. Und dieser Widerspruch ist oft am eigenen Leib spürbar. 

Oft sind Zwänge auch mit Ängsten verbunden. Das heißt, Betroffene haben (unbegründet) Angst, dass etwas Schlimmes passiert, wenn sie bestimmte Dinge nicht tun. 

Wie äußern sich Zwänge?

Wie genau sich ein bestimmter Zwang äußert, kommt auf den Betroffenen und die Art des Zwanges an, unter dem der/diejenige leidet. 

Oft ist es so, dass der Leidensdruck der Betroffenen zwar immer stärker wird, je mehr sie die Kontrolle über ihr eigenes Verhalten verlieren. Der letzte Anstoß, etwas zu ändern, erfolgt aber in vielen Fällen letztendlich erst durch Motivation von Außenstehenden (Freunde, Bekannte, Familie). 

Beispiele für Zwänge

Es gibt viele verschiedene Arten von Zwängen und sie äußern sich bei jedem Betroffenen sehr unterschiedlich. So gibt es beispielsweise auch Zwänge, die sich beim Betroffenen ganz unbewusst abspielen, wie das Fingernägelkauen. 

Dann wiederum gibt es viele Formen von Zwängen, bei denen Wiederholungen, Kontrolle und Organisation eine starke Rolle spielen. Diese Formen äußern sich dann zum Beispiel in einer zwanghaften Wiederholung bestimmter Handlungen (Türen abschließen, Lichtschalter betätigen…) oder einer akribisch symmetrischen Anordnung von Gegenständen. 

Der Putz- und der Waschzwang sind zwei weitere Beispiele. Bei diesen steht der übermäßige Drang nach Hygiene im Vordergrund. An diesen beiden Beispielen zeigt sich besonders, wie der Leidensdruck für das Umfeld des Betroffenen irgendwann spürbar wird, wenn er/sie zum Beispiel aufgrund des Zwanges keinen Besuch mehr empfängt oder in den Wohnungen Anderer anfängt, zu putzen.